Testbericht Think City

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agentsmith1612
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Testbericht Think City

Beitrag von agentsmith1612 »

Hier ein Testbericht von mir, bezüglich des Think Citys den ich eine Woche testen durfte.

Vorwort:
Der Bericht spiegelt nur meine persönliche Meinung und Ereignisse wieder. Er soll weder das Produkt schlecht machen, für das Fahrzeug geworben werden noch falsch darstellen. Falls logische Fehler oder falsche Fakten von jemandem entdeckt werden bin ich froh darüber wenn mir diese gemeldet werden. Daten sind nach eigener Einschätzungen oder Recherche im Internet entstanden und sind nicht frei von Fehlern.

1. Hintergrund:
Die Ruhr Universität Bochum führt ein Projekt durch, dass unter anderem die Nutzung von Elektromobilen untersucht. Dazu hatte ich mich beworben und wurde genommen. Daher hatte ich die Möglichkeit für eine Woche dieses Fahrzeug ganz alltäglich fahren zu dürfen.

Fotos: http://imageshack.us/g/1/10343440/

2.Technische Daten:
Baujahr: 2011
Länge: 3,143 m
Breite: 1,658 m
Höhe: 1,596 m
Sitze: 2
Gewicht: 1115 kg
Höchstgeschwindigkeit: 110 km/h
Leistung: 25 kW Dauerleistung, 34 kW Peakleistung
Akkutyp: Lithium-Ion
Akkukapazität (geschätzt): 24 kWh (Flüssigkeitsgekühlt und evtl. auch beheizt)
nutzbare Kapazität (geschätzt):Reichweite: 170 km (laut Hersteller); 120-140 km (realistisch)
Ladeleistung: 2,3 kW (Standard), 3,5 kW (beschleunigtes Laden)
Steckertyp: Schuko und CEE Blau am Fahrzeug mit einem zusätzlichen Pin zur Kommunikation zwischen ICCB und Fahrzeug


3. Design
Das Design des Fahrzeugs ist natürlich nicht annähernd an das aktueller Fahrzeuge angepasst. Vielmehr sieht der Think City wie ein Kleinwagen japanischer Herkunft aus, der in der Länge gestaucht wurde und dadurch in der Höhe gewachsen ist. Andere meinten hingegen es sieht den 25 km/h Leichtmobilen älterer Bundesbürger ähnlich.
Von der Front her erkennt man vor allem an den Scheinwerfern die Ähnlichkeit zum Mini. Meiner Meinung nach würde ein Verlängerung bei gleichzeitiger Höhen Reduktion dem Fahrzeug im Aussehen wahrscheinlich um einiges besser stehen.
Im Heck geht es dann mit senkrecht abfallender Heckscheibe weiter, die komplett aus Glas besteht.
Die Räder bestehen zwar aus relativ schlichten aber schicken Alufelgen, jedoch in der Größe 14 Zoll. Insgesamt sehen die Räder etwas zu klein geraten aus und man bekommt dabei zusätzlich den Eindruck das Fahrwerk wäre zu hoch geraten. Dazu kommt ja noch, dass die gesamte Außenhaut aus texturiertem ABS Kunststoff besteht.
Insgesamt gewinnt dieses Fahrzeug für meinen Geschmack auf keinen Fall einen Schönheitspreis. Es ist zwar nicht ganz hässlich aber schön auch nicht. Spaltmaße und Verarbeitung sind nicht auf dem Niveau eines normalen Fahrzeugs.


4. Innenraum
Leider geht es im Innenraum weiter mit der Plastik Landschaft und leider auch mit der Verarbeitung und dem Qualitätseindruck. Es ist alles was man braucht, manchmal aber an Positionen die eher etwas hinderlich sind. Beispielsweise verdeckt das Lenkrad die Sicht auf das Radio teilweise so dass ich einige Knöpfe erst später gefunden hatte.
Die Sitze sind relativ schmal und die Lehne ist kurz, ich mit meinen 1,82 m Körpergröße eher etwas zu groß für die Sitze.
Seitenhalt bieten sie auch nicht gerade viel, aber ausreichend.
Man sitzt prinzipiell auf dem letzten Stück des Akkus der im Unterboden untergebracht ist und im Innenraum bis kurz vor Sitzende reicht. Daher sitzt man auch sehr hoch, weshalb auch das Fahrzeug höher ist. Ansonsten könnte man ja nicht aufrecht im Innenraum sitzen.
Im ersten Moment sitzt man eher ein wenig wie in einem Van oder LKW als in einem normalen PKW, wo man doch etwas länglicher sitzt. So gesehen sind die Füße eher nach unten als nach vorne.
Was mir auch direkt aufgefallen war beim ersten Einstieg, dass der Querträger (Türeinstiegsleiste) über den man beim Einstieg steigt um in den Fußraum zu gelangen sehr breit ist. Man kommt sich erst vor als würde man mit den Füßen in eine Wanne steigen. Dazu kommt noch, dass der Fußraum sehr schmal ist. Es gibt keine richtig Ablage für den linken Fuß, das ist teilweise etwas unkomfortabel.
Die Schallisolierung war etwas dürftig, da man zwar vom Fahrzeug außer dem charakteristische Elektromotorgeräusch nichts hören, äußere Schallquellen oder Fahrgeräusche drängten aber doch in den Innenraum.
Ein wirkliches No-Go waren die Schließmechanismen bzw. die Türschlösser der Türen. Jedes Türschließen, war mit einem erneuten Öffnen der Tür und nochmaliges stärkeres Schließen verbunden. Ein gutes Video zeigt das Problem: http://www.youtube.com/watch?v=eGxGvkb7KxM (ab 4:28 min). Dabei machen die Türen ein Schließgeräusch das sich nicht solide anhört, eher klapprig.
Die Instrumente sind leicht ablesbar. Es gibt mittig einen Tachometer mit wahlweise Tripanzeige oder Gesamtfahrleistung im Display, links den Akkustand von 0-100% und rechts die Leistungsanzeige in Form eines Analogen Zeigers der beim Beschleunigen nach unten in den negativen Anzeigebereich geht beim Rekuperieren oder Laden am Stromnetz in den positiven Anzeigebereich geht.
Eine Restrechtweitenanzeige besitzt das Fahrzeug nicht.
Die Beleuchtung der Instrumente ist sehr schwach und in grün gehalten, fand ich nicht optimal.
Auch konnte das Fahrzeug weder beim Laden noch ohne Ladekabel temperiert werden. Zwar funktionierte es wenn man das Ladekabel abzieht und Fahrzeug startet, Heizung einschaltet und dann das Fahrzeug verlässt, doch alle 2 min macht sich das Fahrzeug dann bemerkbar, da ja noch der Schlüssel steckt und das Fahrzeug an ist. Mit angeschlossenem Ladekabel ließ sich die Zündung einschalten, das Fahrzeug jedoch nicht.


4. technische Aspekte und Ausstattungsdetails
Das Fahrzeug verfügt aber über einige Extras die man erst nicht erwartet hätte. Dazu zählen elektrische Fensterheber und Zentralverrieglung mit Funkfernbedienung. Die Kofferraumklappe ist eine große Glasscheibe und verfügt weder über Schloss noch über manuelle Öffner. Geöffnet wird er über den Schlüssel oder einen Knopf im Innenraum. Das fand ich positiv. Nicht, dass ich finde das man jeden Kofferraum so öffnen sollte, jedoch fand ich die cleane Klappe und die damit verbundene sehr gute Rundumsicht sehr positiv. Das hat man bei Think sehr gut gelöst. Es gibt auch keinen Griff mit dem man den Kofferraum dann hoch klappt sondern man greift nach dem Entriegeln leicht unten unter die Kante.
Das war es aber auch schon vom Kofferraum wenn man die Scharniere und die Kontakte der heizbaren Heckscheibe sieht, merkt man wieder dass es eben kein „richtiges“ Auto ist.
Klimaanlage gibt es leider nicht, dafür ein großes Faltdach. Dafür war leider die falsche Jahreszeit um es auszuprobieren.
Die Heizung funktioniert natürlich elektrisch (Widerstandsheizung) und spricht schnell an. Zwar braucht sie auch 3 min bevor man die Wärme merkt, aber immer noch viel schneller als ein kalter Verbrenner. Dennoch hat sie bei Einsatz nur für 5 min geheizt und musste anschließend „neugestartet“ werden. Dazu mehr in Abschnitt 7.
Der Akku ist flüssigkeitsgekühlt und wird sogar bei kühleren Temperaturen beheizt. Das kann ich aber nicht sicher sagen. Beim Laden und Fahren wird nämlich dauerhaft die Flüssigkeit umgewälzt. Gekühlt wird nur passiv über Radiatoren und Lüftern in der Front. Die Kühlwasserpumpe war im Stand beim Laden zu hören. Im Fahrzeug aber nicht wahrnehmbar.
Der Motor ist ebenfalls flüssigkeitsgekühlt.
Die Servolenkung ist elektrohydraulisch, das heißt es läuft dauerhaft eine Pumpe die Hydrauliköl fördert. Diese Pumpe war zu keiner Zeit zu hören. Dennoch empfand ich die Servounterstützung besonders im Stand und bei geringen Geschwindigkeiten als viel zu schwach. Weshalb Think auf eine elektrohydraulische Servolenkung gesetzt hat, bleibt mir schleierhaft, energetisch ergibt eine elektrische Servolenkung mehr Sinn.
ABS war natürlich vorhanden und ein Bremskraftverstärker auch. Dieser bestand aus dem klassisch bekanntem Bremskraftverstärker der über eine Unterdruckpumpe mit Unterdruck versorgt wurde. Diese Pumpe hörte man im Stand und im Stadtbetrieb bei jedem Tritt auf die Bremse für einige Sekunden. War aber nicht weiter störend. Was ich sehr gut fand waren die Scheinwerfer, diese stammen von Hella und verfügen über ein Linsensystem. Sehr hell und auch sehr guter Kontrast. Auch verfügte das Fahrzeug über eine elektrische Außenspiegel Verstellung.


5. Fahrgefühl und Fahrkomfort
Das Fahrwerk liegt relativ hoch und ist auch sehr weich. Die Höhe des Fahrzeugs macht sich in den starken Wank Bewegungen in Kurven bemerkbar. Trotz der weichen Federung werden kurze Stöße bis in den Innenraum weitergegeben. Kann aber auch an dem sehr kurzen Radstand oder an den kleinen Reifen liegen.
Das Getriebe ist ein Eingang Untersetzungsgetriebe. Es gibt die Fahrstufen P, R, N, D und E. Dabei ist steht D für maximale Geschwindigkeit (110 km/h) und kaum vorhandene Rekuperation und E für maximal 90 km/h und maximale Rekuperation bei loslassen des Gaspedales. Die Rekuperation steigt mit der Geschwindigkeit relativ stark an bei Geschwindigkeiten unter 40 km/h ist sie für mein Gefühl etwas zu schwach, Rekuperation bei 50 km/h und höher ist aber schon ausreichend. Bei Betätigung des Bremspedales steigt die Rekuperationsleistung nicht an, sondern es werden zu jeder Zeit bei Betätigung des Bremspedales direkt die mechanischen Bremsen genutzt. In N und Betätigung des Bremspedales wird nicht rekupiert.
Sowohl in D, E als auch in R kriecht das Fahrzeug mit bis zu 7 km/h gewöhnungsbedürftig, aber eben einer Automatik wie im Verbrenner nachempfunden.
Bemerkenswerterweise ist der Rückwärtsgang nicht elektronisch begrenzt die volle Leistung wird auch in R auf den Motor gegen und damit kann auch dieselbe Geschwindigkeit vorwärts wie rückwärts gefahren werden. Ich habe das selber aber nur bis 50 km/h ausprobiert weil es mir dann zu schnell wurde. Aber die Leistungsanzeige zeigte denselben Ausschlag wie vorwärts.
Die Leistungsanzeige zählt nach meinen Beobachtungen im negativen Bereich für jeden Punkt etwa 10 kW im positiven Bereich für jeden Punkt 1 kW an. Daraus schloss ich, dass die Rekuperationsleistung bei etwa 2-3 kW liegt.

Aus dem Stand aus beschleunigt das Fahrzeug nicht direkt mit voller Leistung sondern erst ab etwa 30 km/h wird mit voller Leistung bei Tritt auf das Gaspedal beschleunigt. Bis etwa 70 km/h ist man sehr flott unterwegs. Zwar nicht so flott, wie mit Bleifuß in einem Verbrenner, aber bei normaler Verbrennerfahrweise schon viel schneller. Ab 70 km/h wird es dann aber schon zäh. Im E-Modus merkt man die elektronische Begrenzung auf 90 km/h. Schaltet man auf D so dauert es etwa 1 min bis man wirklich bei 110 km/h angekommen ist. Für Überholvorgänge auf der Landstraße nur bedingt geeignet. Auf der Autobahn eigentlich auch nicht. Was ich jedoch gut fand war, dass ich im E-Modus und durchdrücken des Gaspedales mit den 90 km/h genau das LKW-Tempo auf der rechten Spur erreicht hatte. Die Beschleunigungswerte habe ich leider nirgendwo verlässlich finden können und gemessen habe ich sie leider auch nicht.


6. Aufladen
Aufgeladen wird über einen normalen Schuko-Stecker. Auf der Fahrzeugseite ist ein modifizierter CEE-Blau Stecker angebracht, der über einen zusätzlichen Kommunikations-Pin verfügt. Nach 2 m Kabel kommt dann das ICCB und nach weiteren 2 m Kabeln ist man dann am Schuko-Stecker.
Die Standardladung liegt bei leerem Akku bei 10 Stunden mit 2,3 kW. Durch Drücken der Powertaste wird der Strom auf 16 A angehoben und kann die Ladezeit verkürzen. Ich äußerte meine Bedenken bei der Fahrzeugübergabe bezüglich Schuko-Stecker und 16 A man sagte mir jedoch, in einem Neubau mit neuerer Steckdose wäre das bedenkenlos einsetzbar.
Dennoch habe ich zu Hause nur mit 10 A geladen.
Geladen habe ich zu Hause, auf der Arbeit (kostenlos) und einmal in Münster im Parkhaus Engelstraße. Neben der Typ-2 Ladesäule der Stadtwerke Münster gab es dort eine frei zugängliche Schuko und CEE-rot Dose. Ich nutzte die Schuko-Dose und schaltete auf 16 A. Die Ladung hätte ich nicht gebraucht um nach Hause zu kommen, aber wenn es umsonst ist, wieso nicht.
Als ich nach 3 Stunden wiederkam, war der Stecker sehr heiß, gefühlte 60 °C. Zu Hause schaute ich mir den Stecker an und er sah so aus:
http://imgur.com/2rfT39Q
Ob das jetzt von meiner Ladung oder von den Ladungen meiner Vorgänger war, weiß ich leider nicht. Schön ist das nicht. An der Steckdose war nichts zu erkennen gewesen.

Ab dem Zeitpunkt habe ich aus Sicherheitsgründen nur noch mit 10 A geladen. Mir zeigte das vor allem, dass Schuko nicht für 16 A Dauerlast ausgelegt ist. Außer mit Temperatursensor.

Zum Laden kann ich weiter noch sagen, dass 2,3 kW nicht gerade das ideale für ein E-Auto ist. Über Nacht mag es ausreichend sein, aber für Zwischenladungen um weiterfahren zu können oder sein Ziel überhaupt erreichen zu können ist die Leistung einfach zu gering. Nur über Nacht oder an Stellen wo das Fahrzeug ohnehin mehrere Stunden steht ergibt das Sinn. Also zu Hause über Nacht und beim Arbeitgeber während der Arbeitszeit.
Auch der Shoppingstrip in Münster im Parkhaus, wo mit 16 A geladen wurde war nicht ausreichend. Ich kam mit 60% Kapazität und nach 3 Stunden war der Akku „nur“ zu 90% voll. Mit 2,3 kW wäre es noch weniger gewesen.


7. Akku, Energieverbrauch und Fahrweise
Der Akku verfügt über eine Kapazität von 24 kWh, wovon 20 kWh genutzt werden können. Da er flüssigkeitsgekühlt ist und beim Laden nur mit 2,3 kW bzw. 3,5 kW belastet wird spricht vieles für eine lange Haltbarkeit. Aber auch beim Fahren und Rekuperieren wird der Akku kurzzeitig mit nur 34 kW und auf Dauer mit maximal 25 kW belastet, ist auch hier eine lange Haltbarkeit denkbar. Denn die angegeben Leistungen entsprechen maximal etwas über 1C.
Der Hersteller gab 170 km an, mir wurde gesagt je nach Fahrweise und Temperatur 120-140 km, aber 100 km wären immer möglich.
Da vom Abholort bis zu Hause bei mir, 100 km sind, war ich zunächst etwas skeptisch. Ich fuhr diese erste Stecke nicht unbedingt defensiv, auf der Autobahn im E-Modus, Gaspedal bis zum Bodenblech hinter einem LKW. Heizung nutzte ich nicht, Licht musste auf der halben Strecke eingeschaltet werden. Zu Hause angekommen kam ich mit etwas unter 30% Kapazität an. Rechnet man bis 0% runter so wäre ich 143 km weit gekommen.
Auf der Rückfahrt war es morgens sehr dunkel und kalt (um die 5°C) zusätzlich regnete es noch. Ich war mehr oder weniger gezwungen die ganze 110 km Fahrt Licht und Scheibenwischer zu nutzen. Die Heizung nutzte ich nur diskontinuierlich. Nach der Hälfte der Fahrt entschloss ich sie auf niedriger Stufe dauerhaft laufen zu lassen, bemerkte aber, dass nach 5 min nur noch kalte Luft aus den Düsen kam. Durch Drehen des Wärmereglers auf Kalt und erneutes Drehen auf Warm kam auch wieder warme Luft jedoch auch wieder nur 5 min lang. So ganz habe ich das nicht verstanden. Ob die Heizung ähnlich der Heizbare Heckscheiben nach einigen Minuten abschalten? Nach den 110 km war ich dann bei 20% Akkukapazität angekommen.

Im der alltäglichen Nutzen hat das Fahrzeug fast ausschließlich für kurze Fahrten zur Arbeit (die ich ansonsten mit dem Fahrrad erledigte) hergehalten. Aber auch der wöchentliche Einkauf, eine Shoppingtour in 35 km Entfernung wurden erledigt.
Aber auch solche meiner Meinung nach „nervigen“ Fahrten, wo man ungerne mit einem Verbrenner fährt weil man genau weiß, dass die kurze Strecke bei der gerade herrschenden Verkehrslage nur vor Ineffizient trotzen, wurden durchgeführt.
Bestes Beispiel, das sicher jeder kennt. Bei uns ist eine Lampe kaputt gegangen. Normalerweise hätte ich jetzt gesagt, da noch weitere Birnen in der Lampe sind, dass wir die besorgen wenn wir ohnehin schon in der Nähe des Baumarktes sind. Mit dem Elektrowagen bin ich aber die 5 km im Berufsverkehr noch entspannt hingefahren und habe eine Neue besorgt. Die passte natürlich nicht weil ich zu dusselig war, da ich ja „effizienter“ elektrisch unterwegs war, bin ich nochmal gefahren und habe Umgetauscht und eine Neue besorgt.
Bei solchen Fahrten mit einem Verbrenner schmerzt es mir gedanklich stärker in der Geldbörse, als es mit einem E-Fahrzeug. Denn den Strom in dem Fall habe ich beim Arbeitsgeber umsonst bekommen.
Andererseits wenn ich genau wusste, dass die Akkukapazität um ein Vielfaches von dem beträgt, was ich für die nächste Fahrt und die weiteren Nächsten brauchen werden, bin ich nicht sparsam gefahren. Sondern ziemlich forsch mit Beschleunigungsbleifuß, dennoch habe ich versucht die Rekuperation häufig zu nutzen, anstatt der Bremse.

Licht hat bei meinen Fahrten keinen erkennbaren Kapazitätsverlust hervorgerufen, Heizung habe ich ab und an mal kurz eingeschaltet aber nicht dauerhaft. Daher kann ich dazu nicht mehr sagen.

Ich bin insgesamt 551 km gefahren und habe 91 kWh verbraucht. Der Verbrauch besteht nur aus geschätzten Werten nach den Prozentangaben aus der Kapazitätsanzeige. Ladeverluste kommen noch hinzu. Wie hoch diese sind kann ich aber nicht sagen. Das macht 16,5 kWh/100km. Er könnte aber durch aus +/- 15% liegen, da alles nur geschätzt ist.
Der Verbrauch fällt trotz nur 34 kW Leistung so hoch aus, da ich oftmals Kurzstrecken gefahren bin und dabei nicht sparsam gefahren bin.
Auf den Langstrecken sieht es ein wenig besser aus, berücksichtigt man nur die längeren Strecken die an einem Stück gefahren wurden komme ich auf 15 kWh/100 km.
Obwohl das Fahrzeug nicht gerade groß ist denke ich, dass der doch hohe Verbrauch durch die große Stirnfläche kommt. Der Think City ist hoch und steht hoch. Die Aerodynamik kann ich nicht so sehr einschätzen, da er relativ rund ist, aber dafür kurz und hinten senkrecht abfallend. Ich weiß aber, dass kurze Formen oft schlechter sind als Lange und steiles Abfallen im Heckbereich sich zudem negativ bemerkbar macht.
Wie viel man spart wenn man langsamer und beherzter Fährt konnte ich leider nicht gut testen. Zum einen ist der Think City mit 34 kW so motorisiert, dass man mit den Verbrennern gut mithalten kann. Daher gibt man fast immer Vollgas, zum anderen ist die Höchstgeschwindigkeit eben auch gerade dort wo sich die Verbrennerfahrer vielleicht zweimal überlegen ob sie überholen oder nicht. Auf der anderen Seite eben durch die 34 kW ist der Unterschied zwischen Gaspedal streicheln oder Bleifuß auch nicht so sehr hoch. Bei E-Fahrzeugen mit 100 kW und mehr sieht das sehr anders aus. Dort hat man mit einigen Beschleunigungsorgien und Abrufen der 100 kW schnell den Akku mehr leer gesaugt als es bei der geringen Leistung des Think Citys passiert wäre.


8. Sonstiges
Sehr positiv empfand ich die Größe des Kofferraums. Eigentlich ist das Fahrzeug wie ein Smart mit großem Kofferraum. Man kann locker 4 Wasserkisten nicht gestapelt im Kofferraum unterbringen. Wie schon erwähnt ist die Kofferraumklappe sehr groß und daher fiel das Einladen auch sehr leicht.

Ich habe das Fahrzeug einmal Innen gesäubert und stellte fest, dass durch das nicht aus einem Guss wirkende Innendesign, auch das Reinigen sich nicht als einfach gestaltete. Es gibt viele Ecken und Kanten und Bereiche wo man schlecht hinkommt. Auch die Materialauswahl und Qualität machte es schwer Schmutz zu entfernen.

Ein Erlebnis hatte ich bei meinem Arbeitgeber. Dort konnte ich an einer installierten Ladestation mit allen denkbaren Stecker Typen aufladen. Fahrzeug und Kabel lagen dabei im Freien. Eines mittags hatte sehr stark geregnet. Als ich zum Fahrzeug kam regnete es nicht mehr. Kabel und ICCB waren nass und voll mit Dreck vom Boden (Sand). Sowohl das Ausstecken als das wörtliche Reinwerfen in den Kofferraum war nicht angenehm. Meine Hände und der Kofferraum waren dann dreckig. Für ein nächstes Mal halte ich auf jeden Fall einen Lappen oder direkt eine Kiste im Kofferraum bereit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere weiblichen Autofahrer darauf stehen, dreckige Kabel vom Boden einzusammeln und im Auto zu verstauen.
Eine Patentlösung fällt mir dafür nicht ein, außer vielleicht Induktionsladung aber bis dahin dauert es noch lange, von daher muss man sich weiterhin mit hoffentlich nicht dreckigen Kabeln begnügen.

Ich habe einige meiner Bekannten für min. 20 min Probefahren lassen, es kamen eigentlich nur positive Reaktionen zum Fahren, zu allen anderen hier von mir beschriebenen Punkten waren wir uns auch einig. Sofern man den Wagen als Zweitwagen betrachtet ist, das alles halb so schlimm, in Anbetracht des Preises aber wiederum nicht.


9.Kosten, Einsatzbereich und Sinnhaftigkeit
Der Think City mit Lithium-Ion Akku kostet in Amerika 32.000 $ in Deutschland habe ich Neupreise zwischen 30-35.000 € gefunden. Davon macht der Akku natürlich den größten Teil aus. Der Projektgeber sagte mir jedoch, dass dieses Fahrzeug etwa 20.000€ gekostet hätte, ob das neu war oder gebraucht oder noch andere Kosten abgezogen wurden, konnte mir auch niemand sagen.
Der Verbrauch ist eigentlich E-Auto typisch.
Gerne hätte ich den Think länger gefahren oder sogar behalten, da er zu 95% meine gesamten Fahrten abgedeckt hat. Kein Mal habe ich meinen Verbrenner genutzt. Dazu muss ich aber sagen, dass ich eigentlich keine Fahrten habe die ich jeden Tag fahren muss. Zur Arbeit geht es sonst mit dem Fahrrad. Sinnvoll war das natürlich nicht Fahrrad gegen Auto zu ersetzen, aber ich hatte den Wagen nun mal. Jedoch wäre es der perfekte Zweitwagen für jemanden der jeden Tag 5-40 km zur Arbeit muss und am besten auch auf der Arbeit Aufladen kann, dann sogar noch etwas weiter. Daher müssten als Zweitwagen auch meiner Erachtens nicht der Komfort und die Ausstattung vorhanden sein, die man sich sonst wünscht.
Ob der Preis als Zweitwagen bei dem Aussehen und Verarbeitungsqualität noch attraktiv ist, ist eine andere Frage. Für etwas mehr bekommt man schließlich schon fast einen BMW i3, locker einen Leaf und einen Zoe ist 10.000 € günstiger (ohne die Batteriemiete zu berücksichtigen). Daher ist das Neupreis konkurrenzlos teuer. Eigentlich müsste der Wagen eher so an die 20.000 € kosten.
Gebraucht sieht das beim Think ein wenig anders aus, da kann man schon unter 10.000 € einen bekommen.
Nebenbei gibt es den Think auch mit Zebrabatterie, dazu möchte ich hier aber nichts sagen, außer dass ich die Zebrabatterie nicht unbedingt für so sinnvoll erachte.
Der Think City ist in etwa so etwas wie besser als ein Twizy schlechter als ein normaler Kleinwagen (Wenn man nur Preis, Ausstattung, Features und Qualität betrachtet).

Abschließend ein sehr guter Zweitwagen für Pendler, zu einem etwas zu hohen Preis. Falls man die Qualität an der einen oder anderen Stelle verbessern würde oder sogar über eine komplette Überarbeitung der Konstruktion nachdenken würde, hätte das Fahrzeug meiner Meinung nach Potenzial mit den erhältlichen Mitbewerbern mitzuhalten.

10. Zusammenfassung:
Der Think City fuhr sich wie ein normales E-Auto. Man merkte ihm an, dass er im Aussehen, Qualität und Materialwahl weit weg von konventionellen Autos ist, was ich für schade erachte. An der einen oder anderen Stelle bestand erheblicher Verbesserungsbedarf, an anderen Stellen wurden aber schöne Lösungen entwickelt. Bei angemessenem Preis wäre es ein guter Zweitwagen aber mehr auch nicht. Rundum eine weitere Alternative im E-Autobereich.
martinsergio
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Re: Testbericht Think City

Beitrag von martinsergio »

Das ist doch auch so einer oder? Die fahren in Salzburg herum und gehören zu ElectroDrive Salzburg, wo ich meine Ladekarte her habe. Ich muss dir Recht geben, das Design und die Verarbeitung sind eher nicht das Gelbe vom Ei :shock: :?
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agentsmith1612
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Re: Testbericht Think City

Beitrag von agentsmith1612 »

Genau so einer ist das.
Wenn man ihn einfach nur als Zweitwagen zum Fahren von A nach B betrachtet und auch nicht unbedingt mehr Zeit darin verbringt/verbringen möchte, dann ist der Wagen genau das was man braucht.
Aber vergleichbar mit normalen Fahrzeugen ist er sicher nicht.
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schneeflocke
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Re: Testbericht Think City

Beitrag von schneeflocke »

Mein Mann hat den Think auf der Expo 2000 auf dem Norwegischen Pavillion gesehen.
Danach versuchte er ewig ein Exemplar in D zu bekommen.
2003 hat er dann aufgegeben und hat sich einen Mini EL gekauft. Für seine fahrten auf die Arbeit (immerhin 4km einfach) und zum Einkaufen hätte es allemal gereicht.
LG
Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“
(Willy Brandt)

Ohne heute gäb‘s morgen kein gestern!


Ampera EPionier (05/2012; ...CU117...)
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